Arbeitsrecht - Sonderbeitrag Corona /COVID-19 - Entgeltfortzahlung fehlende Betreuung

Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei fehlender Betreuung von Kindern

 

Aufgrund der Tatsache, dass durch behördliche Anordnung Kindergärten und Schulen geschlossen sind, stellt sich für eine Vielzahl von Arbeitnehmern derzeit die Frage, ob ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung gegenüber dem Arbeitgeber besteht, insofern der Arbeitnehmer aufgrund der nunmehr notwendig werdenden Betreuung der eigenen Kinder seine Arbeitsleistung nicht mehr erbringen kann.

 

Diesbezüglich ist zunächst festzuhalten, dass nach dem Grundsatz “Kein Lohn ohne Arbeit“ auch ein Vergütungsanspruch seitens des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber nicht besteht. Es ist nicht Sache des Arbeitgebers Entgeltfortzahlung zu leisten, wenn der Arbeitnehmer die Betreuung der eigenen Kinder nicht sicherstellen kann. Dies liegt ausschließlich in der Sphäre des Arbeitnehmers.

 

Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn ein Anspruch auf  Entgeltfortzahlung gemäß § 616 BGB gegenüber dem Arbeitgeber besteht. Diese Vorschrift führt ein Schattendasein, ist jedoch ein gesetzlicher Anspruch und regelmäßig in Arbeitsverträgen zwischen den Vertragsparteien nicht ausgeschlossen. 

 

Gemäß § 616 BGB wird der Arbeitnehmer des Anspruchs auf die Arbeitsvergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Erbringung der Arbeitsleistung verhindert wird. Diese Rechtsvorschrift gilt auch für sogenannte Freie Mitarbeiter und Selbständige, arbeitnehmerähnliche Personen und Organe.

 

Anwendung findet diese Vorschrift regelmäßig in Fällen von Hochzeit, Beerdigung, Pflege eines nahen Angehörigen oder Kinder. Oft wird dies als “Sonderurlaub” für die vorgenannten Ereignisse benannt.

 

Derzeit ist in der Rechtsprechung umstritten, ob diese Vorschrift überhaupt in dem hier vorliegenden Fall – keine Betreuung der Kinder aufgrund behördlicher Schließung von Einrichtungen – zur Anwendung gelangt.

 

§ 616 BGB betrifft – wie bereits benannt – Umstände, die in der persönlichen Sphäre des Dienstberechtigten liegen. Insofern kann argumentiert werden, dass es sich hier nicht um ein auf einzelne Arbeitnehmer oder definiert abgrenzbare Arbeitnehmergruppen bezogene Tätigkeitsverbot handelt. Nach der Rechtsprechung ist § 616 BGB dann nicht gegeben, wenn es sich um objektive Leistungshindernisse handelt, also solche, die mit der Person des Dienstverpflichteten, demnach dem Arbeitnehmer, nicht in Verbindung stehen, sondern jeden anderen ebenso treffen kann. Unter solche objektive Leistungshindernissen sind nach  Teilen der Literatur und Rechtsprechung auch Epidemien zu fassen. Es kann daher durchaus vertreten werden, dass ein Anspruch aus § 616 BGB nicht besteht.

 

Insofern die Meinung vertreten wird, § 616 BGB finde in diesem Fall Anwendung, so wird weiter darüber gestritten, wie lange dem Arbeitnehmer Entgeltfortzahlung zu leisten ist. Nach einer restriktiven Meinung, soll eine Entgeltfortzahlung maximal drei Tage fortdauern, nach anderer Meinung ca. eine Woche. 

 

Fest steht in jedem Fall, dass eine dauerhafte Entgeltfortzahlung seitens des Arbeitgebers nicht beansprucht werden kann. Dies ergibt sich bereits § 616 BGB, der davon spricht, dass der Arbeitnehmer für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund von der Erbringung der Arbeitsleistung verhindert sein muss. 

 

Es scheint daher zu diesem Zeitpunkt noch nicht abschließend geklärt, ob eoin Arbeitgeber überhaupt Entgeltfortzahlung bei Nichterbringung der Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer wegen fehlender Betreuung leisten muss. In jedem Fall ist diese in der Dauer jedoch begrenzt.

 

Für zukünftige Arbeitsverträge ist den Arbeitgebern zu raten, § 616 BGB auszuschließen.

 

Manuel Schoppe, LL.M.

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

 

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