Verkehrsrecht - Zum Tatbestand der Abstandsunterschreitung

Zur Erfüllung des Tatbestands ist nicht Voraussetzung dass eine "nicht ganz vorübergehende" Abstandunterschreitung vorliegt.

 

OLG Hamm – Beschluss des 3. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Hamm vom 22.12.2014 (3 RBs 264/14)

 

Das OLG Hamm hat entschieden, dass eine Abstandsunterschreitung bereits dann als Verkehrsordnungswidrigkeit geahndet werden kann, wenn der Betroffene zu irgendeinem Zeitpunkt seiner Fahrt objektiv pflichtwidrig und subjektiv vorwerfbar den in der Bußgeldvorschriften gewährten Abstand unterschreitet. Eine "nicht ganz vorübergehende" Abstandsunterschreitung bedarf es in diesem Fall nicht.

 

Zum Sachverhalt:

 

der 1992 geborene Fahrer aus Hamm befuhr eine Bundesautobahn mit einer Geschwindigkeit von 124 km/h und hielt den erforderlichen Sicherheitsabstand von 62 m zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht ein, seit Abstand betrug lediglich 17 m.

 

Der Film der mittels einer Videoaufnahme durchgeführten Abstandskontrolle zeigte das Fahrzeug des Betroffenen erst unmittelbar vor Beginn der eigentlichen Messung, die sich über eine Strecke von 100 m erstreckte. Die davor aufgenommene Strecke von 400 m zeigte nur das vorausfahrende Fahrzeug, welches das Fahrzeug des Betroffenen verdeckte. Einen zwischenzeitlichen Fahrbahnwechsel eines der beiden Fahrzeuge schloss die Aufnahme aus.

 

Das erstinstanzliche Amtsgericht hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstand des - der Bußgeldkatalogverordnung folgend - zu einer Geldbuße von 160,00 € und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt.

 

Mit seiner Rechtsbeschwerde hat der Betroffene insbesondere gerügt, eine Abstandsunterschreitung könne nur dann mit einem Bußgeld geahndet werden, wenn sie über eine Strecke von mindestens 140 m oder über 3 Sekunden vorliege, was in dem konkreten Fall nicht feststellbar sei.

Das Oberlandesgericht Hamm hat die Verurteilung des Betroffenen durch das Amtsgericht bestätigt. Das war es ausgeführt, das Amtsgericht habe rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Betroffene vorwerfbar den gebotenen Sicherheitsabstand nicht eingehalten habe. Weitergehende Feststellungen zu einer nicht nur vorübergehenden Abstandsunterschreitung habe das Amtsgericht nicht treffen müssen.

 

Nach den einschlägigen Vorschriften der StVO sei eine Abstandsunterschreitung bereits dann ordnungswidrig, wenn der Fahrer zu irgendeinem Zeitpunkt seiner Fahrt objektiv pflichtwidrig und subjektiv vorwerfbar den in der Bußgeldvorschriften gewährten Abstand unterschreitet. Eine nicht nur vorübergehende Abstandsunterschreitung verlange der Tatbestand nicht.

 

Auf die Feststellung einer nicht nur ganz vorübergehenden Abstandsunterschreitung komme es nach Ansicht des OLG Hamm nur bei solchen Verkehrssituationen, wie etwa dem plötzlichen abbremsen des vorausfahrenden oder mit einem abstandverkürzenden Spurwechsel, die kurzzeitig zu einem sehr geringen Abstand führen, ohne dass dies dem nachfahrenden vorzuwerfen sei.

 

Eine derartige Fallkonstellation habe in dem zu entscheidenden Fall nicht vorgelegen.

 

Quelle: Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Hamm vom 22.12.2014.

 

Manuel Schoppe

Rechtsanwalt

 

Nesbit I Böggemeyer I Schoppe

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Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm